Nikolaus Schletterer
Zwischen
Opening: 23. October 2009, 7pm
October - December 2009

Text zur Ausstellung
Nikolaus Schletterer Digitale Abstraktion

Der Titel zur Ausstellung neuer Werke von Nikolaus Schletterer in der Galerie Widauer ist Zwischen. Die Präposition entspricht inhaltlich seinem künstlerischen Konzept. Der Begriff zwischen impliziert Übergang, einen Zustand, der nur vorübergehend ist, eine Momentaufnahme innerhalb einer sich verändernden Situation. Zwischen suggeriert etwas Prozessuales. Dies korrespondiert mit seinen ausgewählten Werken, alle von 2009.

Den großen Raum bestimmt eine Serie digitaler Fotografien. 40 Fotos, alle ohne Titel, sind in serieller Hängung an den Wänden und am Boden angebracht. Auf den ersten Blick scheinen es geometrische Bilder in unterschiedlichen Farbschattierungen zu sein. Die Titel zu den einzelnen Bildern sind jedoch konstitutiv für die Rezeption der Werke. Es sind eben keine Bilder etwa in der Tradition der Schweizer konkreten Künstler. Es sind digitale Bearbeitungen unterschiedlicher Bildmotive aus dem Internet, abstrahiert durch die Auflösung von 3 x 3 px und vergrößert auf 1 x 1 m. Die Darstellung in Pixel ist immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit. Diesen Grundgedanken transformiert Schletterer ins Künstlerische, indem er die Auflösung auf die Spitze treibt. Der Betrachter sieht quadratische Bilder mit abstrakten Farbfeldelementen. Doch die Genealogie des Bildes ist das eigentliche Thema. So entspricht z. B. Bild Nr. 3 einem Auge, während Bild Nr. 6 Warhols Marilyn Monroe ist, Nr. 36 ein Habicht oder Nr. 24 der Planet Mars. Kategorien, Größen, Maßstäbe, Inhalte und Formen werden in abstrakte Bildwelten transformiert. Und doch ist als gedankliche Realität die Geschichte des jeweiligen Bildes nicht nur theoretisch intendiert, das Bild ist der jeweilige Gegenstand.

Schletterer thematisiert in seinen Bildern die komplexen Schichten von Wirklichkeit, Wahrnehmung und Gegenständlichkeit. Das menschliche Auge konstituiert eine andere Form von Wirklichkeit als die digitale Fotografie oder die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung. Sehr schön wird dies in den verschiedenen Satellitenbildern etwa von Tokio, Seoul oder Rom sichtbar. Die geometrisch abstrakte Reduktion auf das kontrastreiche Spektrum von SchwarzWeiß und die grafische Zerlegung der Stadtansichten machen auf prägnante Weise die Grenzen zwischen Fotografie, Zeichnung und geografischer Wirklichkeit sichtbar und lösen diese zugleich auch auf.

In allen Werken von Schletterer ist die Fotografie Ausgangspunkt einer künstlerischen Hinterfragung von Wirklichkeit und Abbild, von Realität und Abstraktion. Was sehen wir, was können wir erkennen, oder auch wie konstituieren wir überhaupt Wirklichkeit. Dies ist der Kern seiner scheinbar einfachen, geometrischen Bildwelten.

Gaby Gappmayr, 2009