Heinz Gappmayr
Opening: 16. September 2016, 7pm
September - November 2016
Text zur Ausstellung
Sprache und Raum – Zum Werk von Heinz Gappmayr
Die Ausstellung in der Galerie Widauer umfasst einen Querschnitt des Werkes von Heinz Gappmayr. Zu sehen sind Wandarbeiten, Textbilder, Inkunabeln sowie Fotoarbeiten. Ihnen gemeinsam ist die Konzeption der Sprache als Kunstgegenstand. Es geht um die Sichtbarmachung der Möglichkeiten und Bedingungen von Sprache. In den Inkunabeln aus den frühen 1960er Jahren beschäftigt sich Heinz Gappmayr mit der Konstellation von Zeichen, Wörtern und Buchstaben auf der Bildfläche. In der ersten Publikation zeichen von 1962 zeigt eine Auswahl an Werken die konzeptuelle Intention des Künstlers. Die charakteristischen Schreibmaschinenlettern füllen die Bildfläche, sie verdichten sich, sind über die Fläche verteilt oder fragmentiert als bildhafte Zeichen sichtbar. Die zweite Publikation zeichen II von 1964 ist einem einzigen Begriff gewidmet, sind. Ontologische Begriffe wie ist, sind, wird etc. und Kategorialbegriffe wie Zeit, Raum oder Materie bestimmen das Werk Heinz Gappmayrs. Diese nicht anschaulichen, existentiellen Begriffe entsprechen der Idealität und Eigenständigkeit sprachlicher Bedingungen. So etwa der Begriff Zeit. Im Triptychon wie früher wie nie zuvor wie immer geht es um Aspekte zeitlicher Bedingungen, jeweils aber mit einem Bezug zu Erfahrungen im Jetzt. Das Augenblickliche wird in Beziehung zu unterschiedlichen Zeiterfahrungen gesetzt, das Vergangene, das Neue und die Zeit als Ausdruck des Zuständlichen.
Auch in den Raumtexten thematisiert Gappmayr jene allgemeingültigen, unabdingbaren Voraussetzungen eines Seins in Zeit und Raum. Das als Vertikale konzipierte Werk m m2 m3 ist jenseits seiner scheinbar rein mathematischen Linearität der fundamentale Übergang von Linie zur Fläche in den Raum. Dem gegenüber steht der Punkt, ein weiterer wesentlicher Begriff im Werk Gappmayrs. Der Punkt erscheint hier sprachlich verdichtet, analog zu seiner Funktion als Nahtstelle zwischen Gedachtem und Sichtbarem, zwischen unendlich kleiner Größe und raumgreifender Ausdehnung.
In den konzeptuellen Fotoarbeiten geht es um die Bedingungen und Voraussetzungen des Mediums Fotografie in Verbindung mit Sprache. Beide Wirklichkeiten schaffen ein Spannungsfeld, bei dem es um Fragen nach der Wirklichkeit und des Realen geht. So ist etwa bei dem Werk senkrecht waagrecht der fotografierte Draht auf dem Foto die Abbildung einer realen horizontalen Linie, während sich das Wort senkrecht auf den Blickwinkel des Fotografen, d.h. auf die Ausrichtung des Fotoapparates bezieht. Es treffen somit zwei unterschiedliche Wirklichkeiten aufeinander, die fotografisch konkrete Horizontale und die als reine Perspektive wahrnehmbare Vertikale.
In seinem Werk geht es Gappmayr um die Thematisierung sprachimmanenter Voraussetzungen. Aspekte wie die Differenz zwischen Wort, Begriff und Wahrnehmungsgegenstand, die Möglichkeit, durch Sprache Gedachtes, nicht Anschauliches oder auch rein Vorgestelltes sichtbar zu machen sowie die Grundidee, die Linearität und Kontextualisierung von Sprache zugunsten von Flächensyntax und der Selbstreferentialität von Sprache zu thematisieren, sind Voraussetzungen eines an den unerschöpflichen Bestimmungen und auch der Schönheit der Sprache als Kunstgegenstand orientierten künstlerischen Werkes. Gaby Gappmayr, 2016