Norbert Brunner Lienz
Musik der Grausamkeit, Stücke
Opening: 14. June 2013, 7pm
June - August
Texte zur Ausstellung
B und Es Klarinette
Der Klarinette die Marschgabel aufgepflanzt und im Gleichschritt: Achtung, fertig, los! Eine Kugel kam geflogen...! Niedergemäht vom Maschinengewehr: Ratttatatam! Wer schert hier aus der Reihe, Schritthalten: Ratttatatam! Die Marschgabel klappt auf, Notengeflatter. Die Spieler von B und Es Klarinette fallen getroffen zu Boden. Beide Instrumente ihres Sinnes entstellt kriechen davon. Im Liebesduett hallt es durch die Wälder, durch die Auen: "Lieber fünf Minuten feig, als ein Leben lang tot!"
Tubamaschine
Die Tubamaschine könnte in der Lage sein, willkürliche Klänge in einem tonalen System zu erkennen. Man würde ihr die Zahl einer Tonreihe eingeben, welche die Kodierung eines anderen Instruments wäre, das sie dann wie dieses spielt. Doch was würde gesehen, wenn dieser universellen Tubamaschine die Zahl eingegeben würde, die ihre eigene Beschreibung kodiert. Wie würde sie sich spielen, wenn sie sich als sich selbst spielen würde, wie sie sich als sich selbst spielt. Schlussendlich würde die Tubamaschine immer lauter und lauter werden, bis jeder Laut der Welt, selbst die Posaunen von Jericho überschallt wären, und sie vergleichbar mit Gottes himmlischen Klängen die Welt zum Einsturz brächte.
Streichquartett
Die 1. Geige spielt einen Ton der unendlich gleich fortklingt, will sagen: Strichwechsel nicht hörbar. 2. Geige nach geraumer Verzögerung ebenso. Wenn dann die 3. Geige nach selbiger Verzögerung ebenso das spielt, wechselt die 1. Geige am Ton bleibend in ein Vibrato ihrer Wahl. Die 2. Geige in ein Tremolo und die 3 Geige stakkatoartig . Um jetzt nicht in einer Monotonie zu verharren, will sagen um nicht in irgendwelchen bekannten Klischees zu verfallen, zwitschert die 1. Geige mit der 2. Geige und die 3. ebenso. Der Hintergrund wird von metamorphosem Engelsgeklänge begleitet. Die 4. Geige gibt es nicht. Wenn jetzt besagte Geigen aus Zucker wären könnten die Instrumentalisten ihre Geigen zu einem virtuosem Dessert gerichtet verspeisen.
Metronom
Der Zeigefinger schlägt den Marsch: links, rechts: Tarrammtatam, Tarrammtatam (ad in finitum). Der Takt misst laut Metronom: Presto 200. Gnadenlos knallt die Metrik. Die Synkopen halten dawider: Dramatik entsteht. Der Herzschlag pocht, Angstgeschrei erfüllt den Raum. Der fortlaufende Zeigefinger bricht sich das Schienbein, und der rücklaufende resigniert; und ob der Übermacht verstecken sich die Feiglinge im Ohr. Dort zürnt ihnen via Ether Gottes Allmacht auf den Schlag.
Mein Geigenspiel"Es ist leichter eine Geige zu bauen als zu zeichnen", um mit diesem verdrehten brechtschen Kalauer zu beginnen. Ich könnte auch mit dem Himmel voller Geigen anfangen, um über mein Geigengespiele zu sprechen. Nach meiner Erinnerung bekam ich das erste Ding Geige mit sieben. Mein erstes Spielen damit war gleich noch vor der ersten Geigenstunde virtuos. Da wurden die Seiten abmontiert, der Geigenbogen bis zum Gehtnichtmehr koloforniert und mich als Maestro in Pose gestellt und vor dem Flügelspiegel in Szene gesetzt. Auch als Zirkusklown konnte ich meine Geige gut gebrauchen. Aber schon tags darauf musste ich mit dem Instrument richtig spielen; was für ein Gesäge, Gequietsche! Bei jedem falschen Ton trat mir der Geigenlehrer auf die Zehen. Auch den Ellbogen verdrehte er mir nach belieben um den gewünschten Ton zu erzeugen. Ebenso ein dickes Buch wurde mir unter den Streicharm geklemmt, um die gewünschte Haltung zu erreichen. So lernte ich nach dem pawlowschen Prinzip (friss oder stirb) vom barocken Sägen bis zu wienerischem Streichen die Geige zu lieben.
Blechmusik
Jedes der agierenden Instrumente isst eine Zwiebel
Die Tuba spielt tub. Die Trompete signalisiert das Thema, hält den Takt, versucht sogar in entsprechender Tonhöhe das Signal zu variieren. Die Posaune atmet hell/dunkel gezwiebelt den schlechten Mundgeruch aus. Das Waldhorn frisch erwacht bläst zur Hallalie.
Norbert Brunner-Lienz