Ernst Trawoger
Opening: 21. February 2020, 7pm
Februar - März 2020
Text zur Ausstellung
Ernst Trawöger – Idealität und konstruktive Leichtigkeit
In seiner ersten Ausstellung in der Galerie Widauer zeigt Ernst Trawöger neue Arbeiten aus den letzten beiden Jahren und auch für diese Ausstellung konzipierte Werke. Der Künstler verfolgt seit Jahrzehnten ein künstlerisches Konzept, das zum einen in der Tradition einer an minimalistischen geometrischen Formen und einer klaren Struktur orientierten Kunstkonzeption steht, zum anderen blieb er aber immer seinem eigenen, originären Konzept treu. Trawöger, dessen Zeichnungen der früheren Jahre sich schon durch große Zartheit, einem skizzenhaft konzeptuellen Gestus und der Durchdringung zwischen Figuration und Abstraktion auszeichneten, entwirft in dieser Ausstellung ein Kunstkonzept, das all seine bisherigen Werke als Sichtbarmachung dessen, was Bildschaffung, Konstruktion und Idealität sein kann, auf subtile Weise verdichtet. Schon die Auswahl der Materialien, seine Arbeitsweise sowie seine Farb- und Formenwelt bestimmen den Charakter seiner Werke. Wir haben es fast ausschließlich mit hellen, transparenten Farbwelten zu tun. Weiß oder silbergrau suggerieren Transparenz und Leichtigkeit. Das gilt im Übrigen auch für ein helles Gelb, das sich in der Ausstellung findet. Der Spiegel als Bildelement ist reine Verkörperung des Immateriellen. In der Spiegelung der Wirklichkeit verschwindet der Spiegel selbst ja als physisches Objekt. Er gibt dem Abbild des Realen Raum.
Dazu kommen mit leichtem, zarten Gestus aufgetragene Graphitlineaturen. Auch die Technik entspricht Trawögers künstlerischem Ideal. Die weißen Bildflächen sind mit Gesso grundierte Flächen auf Holz. Die Temperafarben implizieren einen vom Künstler selbst geschaffenen Farbauftrag, ohne fertige Farben aus der Tube.
Trawöger schafft mit minimalen Mitteln lebendige, unaufdringliche und zugleich intensive Farb- und Bildräume, die dem Betrachter einen Kosmos ungeahnter formaler, räumlicher und struktureller Möglichkeiten offenbaren. Leichte Verschiebungen der Bildkörper treffen auf nur scheinbar kongruente geometrisch anmutende Farbflächen, die ihrerseits wiederum Linien begegnen, die sich dieser nur vermeintlichen Harmonie in zarten Graphitverläufen jedoch entziehen und eben etwa nicht bündig mit den Farbflächen verlaufen.
In Ernst Trawögers Kunst geht es um die Sichtbarmachung der Voraussetzungen von Bildschaffung und Bildbetrachtung. So entsteht ein zartes, intensives Wechselspiel zwischen dem Betrachter und dem Kunstobjekt. Unterschiedliche Tiefen der Bildkörper irritieren den ebenso unscharfen Verlauf feiner, sich überlagernder Lineaturen. Zwei vermeintlich parallele zartgraue Farbflächen sind tatsächlich minimal verschoben. Dies führt zu einer Art Schwebezustand der Werke, was den Reiz der Kunst von Ernst Trawöger ausmacht. Wir haben es hier mit sich ständig erneuernden Bildobjekten zu tun, das Selbstverständliche wie ein geometrischer Raum, klare Konstruktivität oder die Präzision einer Linie lösen sich auf. Und so werden fragile Werke sichtbar, die uns auf poetisch minimale Weise vor Augen führen, wie schön eine Welt aus Bildobjekten sein kann, in der Durchdringungen, Überlagerungen, Raumverschiebungen und instabile Referenzen die bestimmenden künstlerischen Elemente sind.
Gaby Gappmayr, 2020